Eigentlich hieß er auf gut neapolitanisch Errico Caruso und brachte es zum berühmtesten Tenor des 20. Jahrhunderts. Dabei reichte sein Repertoire von den eingängigen Lieder seiner neapolitanischen Heimat bis zu den schwierigsten Arien, insgesamt 521 Stücke. Das Volumen und die Weichheit seiner Stimme sind bis heute unerreicht. Sein Sängerformant wurde mit 2800 Hz festgestellt. So war er auf allen Opernbühnen der Welt zuhause. Ein Glück für die Nachwelt war es, dass er großes Interesse für die damals aufkommenden Grammophone hatte. Sie nahm man über 260 Schallplatten auf, die ihm ein Millionvermögen einbrachten.
Caruso wurde als 3. Kind in eine Familie mit 7 Kindern in der Via San Giovanello agli Ottocalli 7 geboren. Das Geburtshaus steht noch, außer einer Erinnerungstafel erinnert aber nichts mehr an den großen Sänger. Sein Vater war Mechaniker in einer Fabrik für Baumwollsamenöl und brachte seine Familie ganz ordentlich durch. Am Tag nach der Geburt, den 26. Februar 1873 wurde er in der Kirche San Giovanni e Paolo in Neapel getauft. Es heißt, dass der Gemeindepfarrer auf die wunderbare Stimme des jungen Ministranten aufmerksam geworden sei und an die Schule von Pater Bronzetti vermittelte, der auch einen Chor leitete. Der Vater Marcello wollte, dass der Sohn wie er in der Fabrik arbeite, doch die Mutter setzte sich durch, trotz der 5 Lire, die an Schulgeld zu bezahlen waren. Pater Bronzetti hatte einen Chor von erstaunlicher Qualität herangebildet, der bei kirchlichen und weltlichen Feiern auftrat. Hier machte Carusiello – so der Spitzname Enricos – bereits Furore. Nicht nur wegen seiner schönen Stimme, sondern wegen seines launenhaften Benehmens. So kam es zum Eklat und Enrico verließ den Chor, um doch bei seinem Vater in der Fabrik zu arbeiten, wo sein Talent – als technischer Zeichner – ihm eine gute Zukunft verhieß. Nebenher sang er in verschiedenen Chören. Es war 1888, als seine Mutter schwer erkrankte und starb. Es war Frohnleichnam und er sang gerade in San Severino, als man ihm die Nachricht brachte. Als er immer häufiger Ärger mit seinem Vater hatte, verließ er das Haus und die Fabrik und sang – gegen 2 Lire pro Litanei – in verschiedenen Kirchen. Carusos wichtigster Lehrer war der renommierte Guglielmo Vergine in Neapel, der den jungen Caruso zwischen 1889 und 1894 unterrichtete. Dieser war es auch der Caruso zu dem Namen Enrico brachte, des besseren Klanges wegen.
Als Zwanzigjähriger musste Caruso, wie jeder männliche Italiener, zum Militär. Sein Vorgesetzter in Rieti, Major Nagliotti merkte, dass er nie ein guter Soldat würde, war aber von seiner Gesangeskunst begeistert. Der Major hatte einen Freund in Rieti, dessen Leidenschaft die Musik war und der selbst Klavier spielte. Dieser Mann, ein reicher Adeliger, übte nun mit Caruso. In fünf Tagen hatte Caruso die Rolle des Turiddu aus der Cavalleria Rusticana gelernt, das seit der Uraufführung vor vier Jahren zur beliebtesten Oper Italiens geworden war. Der Major sorgte dafür, dass Enrico nur 2 Monate statt drei Jahre beim Militär blieb und dass sein Bruder Giovanni an seine Stelle treten konnte. Nach seiner Rückkehr nach Neapel 1894 schaffte er es mit kaum 20 Jahren auf die Bühne von San Carlo in Neapel. Doch wer damals wirklich weiterkommen wollte, musste nach Mailand. Allerdings gibt es eine Anekdote, die seinen Weggang anders erklärt. Danach sei er vom Publikum ausgebuht worden, weil er es versäumt hatte, Claqueure zu engagieren. Darauf habe er geschworen, er würde nach Neapel nur noch zurückkommen, „um spaghetti zu essen“. Am Teatro Lirico in Mailand, also nicht an der Scala, übernahm er 1898 die Rolle von Loris in Giordanos Fedora und die von Maurizio in Cileas Adriana Lecouvreur. Nun meldete sich auch die Scala und Opernhäuser in der ganzen Welt. Einer seiner größten Verehrer, der Bankie Pasquale Simonelli verschaffte ihm 1903 eine Rolle als Herzog Duke von Mantua in Verdis Rigoletto an der Metropolitan Opera in New York. Im Jahr darauf besang er bei der Victor Talking-Machine Company seine erste Schallplatte. Seine Aufnahme aus Leoncavallos Pagliacci von 1902 war die erste Schallplatte der Welt, die 1906 sang er vor begeistertem Publikum in San Francisco, in der Nacht, bevor das große Erdbeben die Stadt in Schutt und Asche legte. Caruso erlebte es im Palace Hotel von San Francisco, wurde aber nicht verletzt. An der „Met“ trat er 1910als Dick Johnson in der Premiere von Puccinis La Fanciulla del West auf. Mit seinem Landsmann Puccini verband ihn eine tiefe Freundschaft. Puccini schrieb mehrere Stücke für ihn. Nun folgten Gastspiele in London, Paris, Berlin, Wien, bis ihn der Erste Weltkrieg zur Rückkehr nach Amerika zwang. Zehn Jahre lang, fast bis zu seinem Tod war er der Metropolitan Opera treu.
Doch im August 1920 dieses Jahres fühlte sich Caruso nicht wohl. Er klagte über allgemeine Schmerzen (dolore in genere). Trotzdem schonte er sich nicht, sondern fuhr zu einer Konzertreise nach Havanna, Montreal, Toronto, Chicago, St. Paul, Denver, Omaha, Tulsa, Fort Worth, Houston, Charlotte und Norfolk. Nebenher besang er weiter Schallplatten. Dann kam der schlimme Abend von Brooklyn. Er konnte sich vor Schmerzen kaum halten. Sein Arzt diagnostizierte eine Rippenfellentzündung und trotzdem sang er seine letzte Vorstellung an der „Met“. Es war die Rolle von Eléazar in Halévys La Juive am 24. Dezember 1920. Nun musste er operiert werden, man entnahm ihm eine Rippe. Trotz positiver ärztlicher Erklärungen sollte Caruso nicht wieder gesund werden. Er selbst muss dies gespürt haben und drängte darauf in seine Heimat nach Neapel zurückzukehren. Unter großer Anteilnahme der New Yorker fuhr Caruso auf der Presidente Wilson nach Neapel und anschließend direkt ins Hotel Vittoria in Sorrento. Hier erholte er sich wieder, schwamm täglich im Meer und machte sogar Ausflüge nach Capri und Pompeji. Er ließ es sich nicht nehmen auf der Piazza zu flanieren, wo er wie ein König begrüßt wurde. Am 15. Juli kamen seine Schmerzen wieder, aber erst am 28. Juli erklärte er sich bereit, die berühmten Brüder Bastianelli aufzusuchen, die den besten medizinischen Ruf in Italien hatten. Sie entschieden, dass eine Niere entfernt werden müsse, die Operation sollte in Rom stattfinden. In Begleitung des Bruders Giovanni machte er sich auf nach Rom, doch gleich zu Beginn der Reise ging es ihm so schecht, dass die Brüder sich entschlossen die Nacht im Hotel Vesuvio in Neapel zu verbringen. Hier nahmen die Schmerzen stark zu. Am Morgen des 2.August 1921 starb Enrico Caruso mit 48 Jahren in diesem Hotel. Caruso wurde in der Kirche des Königs in Neapel aufgebahrt und in einem gigantischen Trauerzug zum Cimitero del Pianto begleitet. Noch bis in die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts war es möglich, Carusos einbalsamierten Leichnam zu besichtigen, bis es seine Witwe verbot. Seine Gebeine liegen nun im Familiengrab auf dem Friedhof Santa Maria del Pianto in Neapel.
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